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Neue Führungsspitze ab 2017
Dr. Annette Mund und Dr. med. Wolfram Hartmann
Von Prof. Dr. Hans-Michael Straßburg
Grundlagen
Der ungarische Arzt, Schriftsteller und Pädagoge Andras Petö (1893-1967) hat die konduktive Erziehung als ein ganzheitliches Betreuungskonzept vor allem für Kinder mit nicht zu schwer ausgeprägten Körperbehinderungen wie spastischer Cerebralparese und Meningomyelozele entwickelt. Speziell ausgebildete Fachkräfte, sog. Konduktor/innen, setzen auf das jeweilige Kind abgestimmte ganzheitliche Förderprogramm ein. Sie kombinieren die Aufgaben von Pädagogik, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Psychologie und sollen das Kind und seine Familie ganzheitlich behandeln. Eine wichtige Rolle spielen Verse, Lieder und Laute, die auch bei der Einleitung von Bewegungen und Alltags-Tätigkeiten angewendet werden. Hierdurch soll es zu einer Verinnerlichung des konkreten Handelns im Sinne des Entwicklungskonzeptes von J. Piaget kommen. Ziel ist die Erreichung von sogenannten Orthofunktionen, das heißt eine möglichst optimale Situation im Regelalltag. Bei der Behandlung werden Holzpritschen, spezielle Sprossenstühle, Handstützen und Geländer verwendet, aufwendige Gehhilfen und Rollstühle werden abgelehnt. Die Behandlung ist von ihrem Ziel her orientiert und nicht von den Ursachen.
Indikationen
Ursprünglich war das Konzept für Kinder ab dem späten Kindergartenalter bis zur Pubertät mit leichter bis mittelschwerer Cerebralparese und leichteren Querschnittssyndromen gedacht. Mittlerweile werden auch Kinder mit schwereren Körperbehinderung und deutlichen intellektuellen Einschränkungen behandelt.
Kostenübernahme
Die Förderung findet meist in privat finanzierten, öffentlich unterstützten Einrichtungen in Gruppen statt, gelegentlich werden Elemente der konduktiven Förderung auch in staatlich anerkannten Förderschulen eingesetzt. Vor allem durch das Engagement von Eltern, der Selbsthilfegruppe FortSchritt und dem Bundesverband Konduktive Förderung gibt es regional unterschiedlich die Möglichkeit, dass der Beruf der Konduktor/innen in Deutschland anerkannt wird und eine Betreuung nach dem Petö-Konzept zumindest partiell als soziale Rehabilitationsleistung im Rahmen der Eingliederungshilfe vom Sozialamt übernommen wird.
Kritische Stellungnahme
Ursprünglich war die Methode ausschließlich für Kinder mit leichteren Bewegungsstörungen in Ungarn konzipiert. Durch das Engagement von Eltern und private finanzielle Unterstützungen entstanden seit Ende der 80iger Jahre auch in Deutschland immer mehr Gruppen, die von in Ungarn ausgebildeten Konduktor/innen betreut wurden. In einer viel beachteten Studie am Kinderzentrum München verglich man Kinder mit Cerebralparese, die nach der Petö-Methode betreut wurden, mit einer konventionell - überwiegend physiotherapeutisch - behandelten Gruppe. Mittelfristig konnten objektiv mit Ausnahme der nicht erwarteten Verbesserungen der Handfunktionen in der Petö-Gruppe keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden.
Trotz intensiver Bemühungen zeigte sich in dieser Studie aber auch, dass ein Vergleich von Therapiemethoden auf Grund der vielfältigen Einflussfaktoren praktisch nicht möglich ist. Viele Eltern sehen es schon als großen Erfolg an, wenn bei ihrem Kind auf die Benutzung eines Rollstuhls verzichtet werden kann und setzen daher sehr stark auf die konduktive Förderung. Nachteilig ist es, wenn Kinder mit deutlichen intellektuellen Einschränkungen betreut werden. Sie können die Konzepte zur Einleitung motorischer Tätigkeiten oft nicht adäquat umsetzen.
Prof. i .R. Dr. med. Hans-Michael Straßburg
Pädiatrischer Beraterkreis im Kindernetzwerk
Emil-von-Behring-Weg 8
97218 Gerbrunn
Tel.: 09 31 70 77 65
strassburg_hm@icloud.com
Literatur
Blank R, von Kries R, Hesse S, von Voss H (2008) Conductive education for children with cerebral palsy: effects on hand motor functions relevant to activities of daily living. Arch Phys Med Rehabil 89: 251-9.
Weitere Informationen
https://de.wikipedia.org/wiki/Konduktive_F%C3%B6rderung_nach_Pet%C5%91
http://www.integra.at/files/integra%201998_Annette_Fink.pdf