30 Jahre KindernetzwerkEin Ort für die Selbsthilfe

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Das Kindernetzwerk – seit 30 Jahren ein Netzwerk der Selbsthilfe
Das Kindernetzwerk (knw) ist als Dachverband der Selbsthilfe von und für Familien mit Kindern und Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen schon lange bekannt: Seit drei Jahrzehnten hilft und verbindet das knw betroffene Familien mit krankheitsübergreifenden Unterstützungsangeboten. Auf der Jahrestagung wurde darüber hinaus deutlich, dass es auch ein Netzwerk der aktiven Selbsthilfe ist, das Austausch und Stärkung ermöglichen möchte.
Den Aufschlag seines Jubiläums machte das Kindernetzwerk bereits am Freitag, den 15. September 2023 mit seiner Pressekonferenz im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Hier wurde der aktualisierte „Berliner Appell“ vorgestellt. Dies ist ein politischer Forderungskatalog, der zehn der wichtigsten Handlungsfelder umkreist, die die Politik umsetzen muss, damit der Versorgungalltag von betroffenen Familien verbessert wird: Mangelhafte Versorgung der chronisch kranken Kinder, fehlende kinder- und jugendärztliche Spezialist:innen und zu wenig Kinderbetten in Krankenhäusern, dort fehlendes Fachpersonal sowie überbordende Bürokratie bei immer wiederkehrend zu beschaffenden Kinderarzneien, Heil- und Hilfsmitteln. Die Liste der Versorgungsprobleme für betroffene Familien ist lang. Die Resonanz war sehr gut: Die Pressekonferenz war gut besucht und u.a. das Ärzteblatt hat über die Veranstaltung berichtet, siehe hier:
Am Samstag, den 16. September 2023, führten wir das Symposium zum Thema „Resilienz stärken“ durch. In seinem Festvortrag ging Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hubertus von Voß, Ehrenvorsitzender des Kindernetzwerks, auf die Aufgabe der Pädiater:innen ein, beweglich und kreativ in den Diagnosen zu sein, weiterzuforschen, auch unkonventionelle Wege zu gehen, um zu einer Diagnose einer seltenen Erkrankung bei Kindern zu kommen. Dr. Isabella Helmreich erläuterte das Thema des Symposiums „Gemeinsam Krisen bewältigen – Resilienz-Stärkung im Familiensetting“ wissenschaftlich. Dabei ging sie vor allem auf das noch junge Feld „Familien-Resilienz“ ein.
Danach gab es ein Panel mit sehr emotionalen und Mut machenden Berichten aus erster Hand von Betroffenen:
Die Inkluencerin Natalie Dedreux lebt mit Down-Syndrom und hat ein Buch geschrieben. Sie setzt sich für mehr Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung und deren Rechte ein. Das Down-Syndrom dürfe nicht ausradiert werden.
Die Speakerin Sabrina Lorenz beeindruckte durch ihre sehr emotionale Einsicht in ihren Alltag als Schwerkranke. Mit ihrer mutigen Offenheit zeigte sie Resilienz in vielen Bereichen ihres schwierigen Alltags und machte so den Anwesenden viel Mut. Auf ihrem Blog Fragments of Living leistet sie Aufklärungsarbeit, schreibt über Disablity-Empowerment und erreicht so tagtäglich über 23.000 Personen.
Viele Eltern von kranken bzw. nichterkrankten Geschwisterkindern im Plenum konnten sich in dem Bericht von Naomi Miller wiederfinden: Sie ist erwachsene Schwester eines behinderten Bruders und erzählte von ihren Problemen, diese Situation gut zu meistern, dankte aber auch den Eltern für ihre unermüdliche Kraft. Naomi Miller hat BLICK | PUNKT | GESCHWISTER, eine Initiative von vier Frauen, die sich für erwachsene Geschwister von Menschen mit Behinderung engagieren, mitbegründet.
Als Mutter eines behinderten Jungen und eines nicht-beeinträchtigten Mädchen sprach Nicole Wrede vor allem die Schwierigkeiten und Belastungen an, die die Partnerschaft betrifft und fordert eine gleichberechtigte Aufteilung in der Pflegearbeit, auch wenn dies immer wieder zu sehr viel Streit führe. . Mit ihrem Instagram-Profil @hibbelmors_inklusive gibt sie Einblicke in das Leben als pflegende Mutter und engagiert sich auf diesem Wege für mehr Inklusion.
Dem konnte Heiner Fischer nur beipflichten. Sichtlich gerührt teilte er die Ansicht, dass der geteilte Versorgungsalltag zu viel Streit und Krisen führen könne, aber enorm wichtig für eine gesunde Familienaufstellung sei. Um anderen Vätern zu helfen hat er die „Plattform für Aktive Vaterschaft und Neue Vereinbarkeit“ entwickelt.

Viele nickende Köpfe, weinende Augen, tiefe Berührtheit und Verbundenheit machte sich breit, als die Podiumsteilnehmer:innen aus ihrem Alltag berichteten. Für die „Zuschauer“ war es ergreifend dabei zu sein, wie die Betroffenen krankheitsübergreifend eine ganz eigene, gemeinsame Dynamik entwickelten und ihr Herz ausschütteten. Und auch wenn viele der Anwesenden selbst betroffen sind und die Probleme kennen: Man spürte, wie jeder die Bestätigung brauchte: „Du bist nicht allein.“
Das Kindernetzwerk wurde dadurch zu einem Ort, an dem alle unter Gleichgesinnten waren, an dem man loslassen kann, sich verstanden fühlt.
Ein besseres Geburtstagsgeschenk zum 30. Jubiläum hätte sich das Kindernetzwerk kaum wünschen können: Das knw als Plattform, auf der nicht nur der Selbsthilfe geholfen wird, sondern auf der auch Selbsthilfe stattfindet.
19. September 2023
Birte Struntz