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Pressemitteilung vom 12. September 2024 Barrierefreiheit ist kein „nice to have“, sondern ein Menschenrecht!

Pressemitteilung vom 12. September 2024

Barrierefreiheit ist kein „nice to have“, sondern ein Menschenrecht!

Auf einer Demonstration am 10. September bekräftigte ein breites Bündnis erneut die Forderung nach weitgehender Barrierefreiheit. Denn Menschen mit Behinderungen wird trotz der ihnen zustehenden Rechte oftmals der Zugang zu Förderung, Bildung, Arbeit, Mobilität, Gesundheitsversorgung und Freizeitgestaltung verwehrt – einfach, weil der Zugang zu Gebäuden nicht barrierefrei erfolgen kann oder keine barrierefreie Mobilität gewährleistet ist.

Auch der Petitionsausschuss unterstützte nun erneut aktuell die Forderung nach Maßnahmen zum Abbau des Investitionsstaus beim weiteren Ausbau der Barrierefreiheit in Deutschland. In der letzten gestrigen Sitzung am Mittwoch, den 11.09.2024 verabschiedete der Ausschuss einstimmig die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine dahingehende Petition dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit dem zweithöchsten Votum „zur Erwägung“ zu überweisen und sie zugleich den Länderparlamenten zuzuleiten.

„Barrierefreiheit ist alles andere als ein „nice to have“ oder nettes Zugeständnis an Menschen mit Behinderung. Barrierefreiheit ist ein Menschenrecht!”, betont die Vorsitzende des Kindernetzwerk e. V. Dr. Annette Mund. „Wie oft müssen noch Aktionstage und Demonstrationen stattfinden, bis die Verzweiflung der Betroffenen endlich ankommt?“ Auch in seinem Berliner Appell fordert das Kindernetzwerk e. V. als Dachverband der Selbsthilfeorganisationen für Kinder und junge Erwachsene mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen sowie deren Familien schon lange Barrierefreiheit auf allen Ebenen – die Forderungen ändern sich leider nicht.[1]

Mund weiter: „Es ist erfreulich, dass der Beauftragte der Bundesregierung für Menschen mit Behinderungen hier dranbleibt und schnelle gesetzliche Fortschritte anmahnt. Wir sind an seiner Seite. Nun sind die Bundestagsabgeordneten und Bundesländer gefragt, Menschen mit Behinderungen endlich das Leben teilhabefreundlicher zu gestalten. Zudem nutzt mehr Barrierefreiheit der gesamten Gesellschaft. Jeder und jede ist darauf im Laufe seines Lebens angewiesen – sei es als Mutter mit Kinderwagen, als Pflegender mit einem Menschen, der im Rollstuhl bewegt werden soll, als älterer Mensch mit einem Rollator oder schließlich als Rollstuhlfahrer selbst!“

In der behandelten Petition wird (siehe auch der Bericht aus hib 593/2024)[2] kritisiert, dass es kaum Fortschritte beim Errichten von behindertengerechten Projekten gebe, was man vor allem im Bereich der Infrastruktur im Verkehrswesen erkennen könne. Als Beispiele werden fehlende Aufzüge und Übergänge an Bahnknotenpunkten bzw. fehlende Ausklapprampen an Fahrzeugen genannt. Kritisiert wird weiterhin, dass Bestandsbauten kaum barrierefrei nachgerüstet würden. Das sei besonders problematisch bei öffentlichen Verwaltungsgebäuden und Schulen, wo Türen oftmals nicht breit genug sind oder Treppen nicht überwunden werden können. Weiter heißt es in der Petition, dass es im Gesundheitswesen, Bildungswesen und der öffentlichen Verwaltung weiterhin zahlreiche Barrieren für Menschen mit Behinderungen gebe.

Die Abgeordneten des Petitionsausschusses betonten: „Es ist die Überzeugung des Petitionsausschusses, dass nur durch eine konsequente Umsetzung der Barrierefreiheit die notwendige Inklusion und Partizipation von Menschen mit Behinderung erreicht werden kann.“ Außerdem wurde betont, dass sich verschiedene Ressorts in der „Bundesinitiative Barrierefreiheit“ verpflichten würden, die Barrierefreiheit in ihren jeweiligen Zuständigkeiten konsequent voranzubringen und als ressortübergreifende Aufgabe koordiniert anzugehen. Hierbei stünden die Bereiche Mobilität, Wohnen und Bauen, Gesundheit, Digitales und Anpassungen von Gesetzen im Fokus.

Der Petitionsausschuss wies außerdem darauf hin, dass der UN-Fachausschuss für die Rechte der Menschen mit Behinderung (CRPD) in seinen Abschließenden Bemerkungen vom 8. September 2023 klare Defizite bei der Barrierefreiheit in Deutschland aufgezeigt habe.

Darüber hinaus sei auch die Art der Umsetzung des „European Accessibility Act“ bemängelt worden, bei der man über Mindestvorschriften nicht hinausgegangen sei und wichtige Bereiche - etwa im Gesundheits- oder Bildungswesen - nicht berücksichtigt habe. Schließlich habe der CRPD auch den Mangel an institutionalisierten Mechanismen für die Einbindung von Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderung in der Entwicklung von Standards betreffend die Barrierefreiheit kritisiert.

Besonders komplex sind allerdings Verbesserungen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), da die Zuständigkeit für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bei den Ländern und Kommunen liege, weshalb der Petitionsausschuss zugleich die Weiterleitung der Petition an die Länderparlamente empfohlen hat.

„Es gibt genug gute Absichten und Versprechen. Es muss endlich in den Köpfen der verantwortlichen Politikerinnen und Politiker ankommen, dass Barrierefreiheit eine Grundvoraussetzung ist, dass alle Menschen gleichberechtigt sind. Wir alle brauchen Barrierefreiheit“, so die Kindernetzwerk-Vorsitzende.

 

Zu uns:

Das Kindernetzwerk vertritt als bundesweiter Dachverband der Selbsthilfe von Familien mit Kindern und jungen Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen rund 900 Selbstvertretungsorganisationen und Einzelmitglieder, darunter mehr als 150 Bundesverbände und rund 200.000 weitere angeschlossene Mitglieder. Das knw steht darüber hinaus mit vielen Dach-, Spitzen-, und Bundesverbänden der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen im engen Austausch.

 

Kontakt:
Kathrin Jackel-Neusser

Geschäftsführerin knw
jackel@kindernetzwerk.de

 

[1] https://www.kindernetzwerk.de/downloads/Berliner_Appell_07092023.pdf

[2] https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1017336